Prof. Peter Kruse über Kreativität

erstellt
, aktualisiert

Ein Ding was sie immer tun können, also sie können ja nicht wirklich die Kreativität und Innovationsfähigkeit der Mitarbeiter fördern. Da muss man ja schon mal sagen bitte unterscheiden sie bei allem was sie tun zwischen indirekten Variablen und direkten Variablen. Das ist sehr wichtig.

Also wenn mir jemand sagt wir machen ein Kulturveränderungsprojekt, dann kriege ich weiße Haare, jenseits der Haare die ich schon habe, die weiß sind. Kultur ist eine indirekte Variable. Kultur kann ich nicht erzeugen. Kultur ist keine Projektarbeit. Ich kann nur Rahmenbedingungen erzeugen in dem bestimmte Kulturmuster emergieren. Also wenn sie Kreativität erzeugen wollen können sie sich fragen was sind systemische Rahmenbedingungen in denen Kreativität erscheint, aber sie können nicht Kreativität machen. Sonst kommen wir in diese freundliche Methode dass ich sage: "Sei kreativ!", erschreckt man sich. Wie geht das? Das ist mindestens so absurd wie zu sagen: "Sei spontan, aber bitte jetzt! Denk auf keinen Fall an einen rosaroten Elefanten!" Was machen wir da? Wir machen etwas was nicht wirklich geht, also bitte wenn sie über Kreativität reden, reden sie über indirekte Möglichkeitsräume und nicht über das direkte erzeugen.

Einer der indirekten Möglichkeitsräume von Kreativität ist Diversity, wenn sie Unterschiedlichkeit im System erhöhen, ob das kulturell ist oder stilmäßig. Völlig egal. Intelligente Systeme die in der Lage sind zu akkommodieren und nicht nur zu assimilieren, die den Prozessmusterwechsel können, sind immer Systeme die mit internen Spannungsverhältnissen arbeiten. Systeme mit internen Spannungsverhältnissen erzeugen instabile Phasen. Systeme mit instabilen Phasen erzeugen die Möglichkeit zum übergang zum neuen Muster und das nennen wir Kreativität.

Also erhöhen sie die Spannung im System, schaffen sie Unterschiedlichkeit, dann schaffen sie die Möglichkeit zum Prozessmusterwechsel. Machen sie keine Einheitlichkeit. Harmonische Systeme sind dumme Systeme. In der Natur entsteht Ordnungsmuster immer aus Widerspruch, nicht aus Harmonie.

Das heißt wenn sie wirklich komplexe Ordnungsmuster haben wollen erhöhen sie bitte die Unterschiedlichkeit im System. Geben sie Querdenkern eine Chance. Lassen sie die Störer zu und, das ist fast trivial, bauen sie Netzwerke. Weil in dem Moment, wo sie ein Netzwerk bauen, schaffen sie eine Situation wo die nicht-linearen Rückkopplungseffekte immer wieder für das auflösen von stabilen Zuständen sorgen. Das heißt Rückkopplungsmechanismen und Diversität sind extrem positiv für Kreativität.

Bauen sie Netzwerke, sorgen sie dafür dass der Kollege in China eine unmittelbare Wirkung hat auf den Kollegen in Deutschland. Wenn das passiert und das wirklich funktioniert dann wird der Kollege in China mit seiner Unterschiedlichkeit, wenn er den vernetzt ist, den Kollegen in Deutschland immer hinreichend ärgern und stören, dass der eine Chance hat kreativ zu werden. Wenn sie das nicht nur mit einem Kollegen und einem Kollegen machen sondern mit einem gigantischen Netzwerk, dann kann ich ihnen sagen wird die übersummative Intelligenz dieses Netzwerkes größer sein als die Summe der Einzelintelligenzen. Und dann haben wir wirklich was geschafft und reden hinterher davon dass wir viele kreative Menschen haben.

Suchen sie bitte... vielleicht können sie natürlich suchen, nach dem Einzelbeispiel des Kreativen. So war es früher. Da hat man immer den einzelnen gesucht der druch irgendein biografischen Unfall die Schmerzen so gut erträgt dass kreativ ist. Heute suche ich nicht mehr diesen biografischen Unfall. Heute versuche ich Systeme mir anzuschauen die diesen biografischen Unfall nicht mehr brauchen weil sie selber ein Unfall sind. Also bauen sie Systeme die stören, weil Systeme die nicht stören sind immer stabilitätsorientierte Systeme. Sorgen sie dafür dass die Komplexität und Dynamik innerhalb des Systemes mindestens so groß ist wie die Komplexität und Dynamik am Markt. Folgen sie einfach Ashby's Law. Ashby als Systemtheoretiker hat in den 50er Jahren gesagt: "Wo immer wir ein hochkomplexes dynamisches Problemssystem haben, brauchen wir minimum ein so komplexes dynamisches Lösungssystem." Das heißt wenn wir keine gegengleiche Komplexität haben sind wir nicht lösungsfähig. Wenn jetzt unsere Welt immer komplexer wird durch Vernetzung kann man sagen die einzige Lösung die wir haben kann ist Komplexität durch Vernetzung.

Dann haben wir die Chance und das Gehirn, dann sind wir wieder bei meinem Ausgangsstatement dass ich nur versucht habe das Gehirn auf das Management zu übertragen, ...das Gehirn macht das vor. Der Mensch mit seinem Gehirn ist in der Lage vom äquator bis zum Nordpol zu überleben. Das einzige Lebewesen was das kann. Warum? Weil wir ein komplexes dynamisches System haben, das uns in die Lage versetzt mit komplexen dynamischen Systemen zu leben. Das heißt nur weil unser Gehirn unkalkulierbare Dynamiken erzeugt, nur deshalb können wir mit unkalkulierbaren Dynamiken einigermassen umgehen.

Das heißt das Gehirn ist eine große Erfindung der Natur im Umgang mit Unvorhersagbarkeiten. Die andere große Erfindung, die die Natur gemacht hat ist nicht die individuelle Intelligenz des Gehirns, sondern die kollektive Intelligenz des Schwarms. Das war eine mindestens so große Intelligenzleistung. Das heißt es gibt eigentlich nur zwei wirklich durchsetzungsfähige Mechanismen. Das eine sind staatenbildende Insekten. Die finden sie überall auf der Welt. Sind unglaublich erfolgreich als Spezies und sie haben das individuelle Gehirn in der Hochentwicklung des Menschen. Das ist wirklich erfolgreich, weil sie einmal ein dynamisches komplexes System haben und bei den staatenbildenden Insekten auch, nur beim Einen steckt es im Individuum und beim Anderen steckt es in der Menge der Individuen, aber das Prinzip ist das gleiche. Hohe Interaktivität, hohe Rückkupplungseffekte und dann können sie Ordnungsmuster erzeugen.

Das ist einfach sehr sehr effektiv. Ich versuche meine eigenen Zusammenhängen heute solche Systeme immer zu bauen. Wenn sie sagen: "Was machst du eigentlich um erfolgreich zu sein?", dann würd ich nicht mehr sagen: "Klug sein", sondern: "Markt beobachten". Das ist schon fast ableitbar. Ich versuche immer zu verstehen was ist da draußen los, und ansonsten versuche ich Netzwerke zu bauen. Da baue ich eigentlich nur das Gehirn nach.

In meinen Netzwerken gibt es immer drei Charaktere von Menschen. Es gibt die Creator. Das sind die Spinner. Die mich immer stören. Die immer mit neuen Ideen kommen. Es gibt die Owner. Das sind die Wissenseigner. Das sind die Leute die etwas im TZ beherrschen und es gibt die Broker. Das sind die, die Leute kennen die etwas wissen. Die vermitteln. Und jetzt kann man eigentlich sagen diese drei Personengruppen bilden zusammen ein Gehirn. Wenn ich den Creator und den Owner zusammenbringe bekomme ich Ideen. Da entsteht nämlich aus Wissen und aus Instabilität ein Ideenpool. Das ist der Cortex. Wenn ich den Owner und den Broker zusammenbringe habe ich zwei Bewerter zusammen. Der Broker muss bewerten können ob ein Wissen was taugt und der Owner muss bewerten können. Hier hab ich das limbische System. Wenn ich den Broker und Creator zusammenbringe, dann habe ich Erregung, weil der Broker stört mich und der Creator stört mich.

Das heißt was bekomme ich dann? Eine aufsteigende retikulär aktivierende Formation, die mich immer wieder erregt. Wenn sie die drei Dinge zusammenbringen; Erregung, Lösungsbildung und Bewertung, dann haben sie ein Gehirn. Was anderes tu ich nicht. Ich such mir einfach im Grunde die Leute die diese Charakteristiken haben und glauben sie mir die unterscheiden sich. Sie finden nach kurzer Zeit raus wer guter ein guter Brokers ist. Die sind nicht tief in ihren Kenntnisssen, aber die wissen immer genau wer es weiß und diese Creator die sind nicht tief in ihren Kenntnissen unbedingt aber die spinnen wie die Weltmeister. Die können unglaublich schnell neue Muster erzeugen und die Owner sind diese wertvollen Leute die etwas wirklich gut wissen. Die aber wenn sie alleine sind meistens keine neue Lösung finden, weil sie die Instabilität nicht hinbekommen. Das heißt ohne die Erregung und ohne die Störung wird das ganz ganz schwer. Und so kann man, wenn sie so wollen, intelligente Systeme bauen deren Summenintelligenz größer ist als die Intelligenz der beteiligten Menschen und das ist mein großes Ziel.

Referenz:


lutzland, 2007. Prof. Peter Kruse über Kreativität. In: YouTube online. 01.05.2007 Zugriff am: 20.05.2016. Verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=oyo_oGUEH-I